Restauration in der Denkmalpflege

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Architektur im 19. Jahrhundert

Von der Farbe zum Ziegel


Es beginnt mit der Entdeckung der Vielfarbigkeit bei den Ausgrabungen in Pompeji und Herculaneum.


Durch diese Entdeckungen inspiriert, werden im 18. Jahrhundert die Wände in den feinen Salons mit Fensterdekoren und Motiven geschmückt.


Die Epoche frönte dem Stuck so sehr, dass jeder Architekt einen Stil sein eigen nannte. Wände und Fassaden profitierten von Motiven und Farbtönen in erlesener Feinheit.


Durch eine weitere Entdeckung sollte die Farbe auf Wände und Fassaden kommen. Der berühmte Architekt Jacques Hittorf enthüllt in dem Bericht, den er im Anschluss an seine Sizilienreise schrieb, dass die drei Tempel in der Nähe der Akropolis von Selinonte ursprünglich in lebhaften Farben gehalten waren. Es brach ein Sturm der Entrüstung los.


Seit Louis XIV war man sich in der Tat einig, dass Weiß als aristokratisch und Buntheit als gewöhnlich galt. Vaux le Vicomte ist ein lebendiges Beispiel dieser Theorie mit dem aus Stein gebauten Schloss und den Pferdeställen in Ziegelbauweise.



 

Auf der Fassade


Rufen wir uns in Erinnerung, was der große Architekt der Renaissance Sebastiano Serlio in seinen 1545 veröffentlichten allgemeinen Architekturregeln über die fünf verschiedenen Bauweisen niederschrieb: „Gebrannte Steine sind die Haut des Gebäudes und Natursteine die Knochen, die sie zusammenhalten“. Die Anwendung sollte zeigen, dass Ziegelsteine mitunter besser als Natursteine der Zerstörung standhalten.


Im Osten Frankreichs beginnt die industrielle Ziegelsteinfertigung, als Charles Dolfus aus Mülhausen eine Maschine erfindet, die - von einem einzigen Arbeiter gesteuert - täglich fast dreißig Tausend Ziegelsteine herstellt.


Bei der Weltausstellung 1889 setzt sich der Ziegel vollends durch. Im „Modernen Bauwesen“ vom 8. Juni 1889 schreibt Maurice Brincourt: „Eisen, gebrannter Stein und Keramik sind Bestandteile einer neuen, originären Bauart, die sich für jedwede Interpretation dieser großen Kunst eignet, die alle Charaktere verkörpern soll - Ernst und Freude, Reichtum und Einfachheit“.



 

Der Ziegel als Ornament wird zum Dirigenten


Die Vorliebe für den Louis XIII-Stil, so schön besungen von Gerard Nerval in seinen träumerischen Erinnerungen, wo aus Stein und Ziegeln gebaute Schlösser von grünen Wiesen umgeben sind, auf denen junge Mädchen tanzen, und seine Farben wurden mit Begeisterung für Schachbrett- und Rautenmuster zuerst von den Hôtels im Pariser Stadtteil des Parc Monceau aufgenommen. Unter Napoleon III denkt man gern an die Zeit der Valois zurück.


Die Maschinenfertigung ermöglicht die Verwendung der Ziegel als große Tafeln, die der Fantasie der Architekten Raum geben und sie mit dem Material, den Farben und der Anordnung spielen lassen.


Durch die unterschiedlichen Ziegelfarben wird das Einsatzfeld der Baumaterialien erweitert, vornehmlich bei Materialien, die in Farbe und Beschaffenheit Kontrapunkte setzen und somit das Thema aufnehmen, mit dem das Licht spielen kann. Wir treten ein in eine Epoche, die Rationalismus und Symbolik miteinander vereint. Die Fassade ist in der Tat die aufgeschlagene Seite eines Buches, mit dem sich die Gesellschaft identifiziert.



 

Das Haus Dumas


Das Haus Dumas in der 32, rue Eugène-Flachat in Paris XVIIème, Werk des großartigen Paul Sédille, stammt aus dem Jahre 1892. Die Gestaltung der Fassade ist ein ausgezeichnetes Beispiel für diese subtile Beziehung, die sich zwischen Ziegeln und Dekorteilen im Takt einer heiteren Symphonie entspinnt.

Im ersten Stockwerk ist das Fenster des großen Salons einem Gemälde gleich gezeichnet und gemalt: zwischen dem vorgezogenen Balkon und dem mosaikgeschmückten Bogenlauf, der sich im dunklen intensivem Grün der lasierten Ziegel auflöst, dient der Stein als Bauglied, das die Fensteröffnung einrahmt und unterteilt. Dabei ist zu bemerken, dass die Pfosten aus Stein wie Ziegel in wenig größeren Abmessungen zusammengesetzt sind.


Zwischen den Fenstern der Zimmer im zweiten Geschoss weist ein schöner sitzender Akt auf das Atelier im dritten Stockwerk hin. Diese Art von Tableau kann aus Stein sein. Doch bei der Auswahl von Stein, Gips oder Romanzement lässt sich der Architekt lediglich von der Plastizität und den Farbtönen leiten. Das Tor ist nunmehr weit geöffnet, die Palette reicher geworden, der Begriff „Industrie“ in seiner ganzen Bedeutung auf die Interpretation der Baukunst gerichtet.


 

Pascal Payen Appenzeller
Schichtenkundler in der Denkmalpflege


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Prochainement : Ein bemerkenswertes Beispiel für Romanzement, die Kirche Saint-Merry in Paris (75), Frankreich

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Maison du 32 rue Flachat - 75017 Paris

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