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Physikalische, chemische und mineralische Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Bei der Hydratation des Romanzements bewirken die bei Niedertemperatur entstehenden Aluminate das schnelle Erstarren (innerhalb von ca. 2 bis 3 Minuten) wie auch die erste Phase des Festigkeitsanstiegs während der ersten Stunden. Die Belit-Hydratation gewährleistet die zweite Festigkeitsphase, die sich, wie aus der Abbildung (Abb. 1: Härtungskinetik über 10 Jahre) ersichtlich, über mehrere Monate erstreckt.

 Abb. 1: Härtungskinetik über 10 Jahre


Ein besonderes Merkmal des Romanzements ist seine Einsatzmöglichkeit in einem sehr großen Dosierungsbereich von 10 %–50 %-Gewicht auf Trockenmörtel und sogar von 100 % bei Injektionsmassen und Schlämmmaterialien.

Aus der Abbildung (Abb. 2: Härtungskinetik in Abhängigkeit der Dosierung und des Wasser-Zement-Verhältnisses) gehen die bei Wasserlagerung erreichbaren Druckfestigkeiten hervor.

Zwei Bereiche sind bemerkenswert:

Abb.2: Härtungskinetik in Abhängigkeit der Dosierung und des Wasser-Zement-Verhältnisses


Zwei Bereiche sind bemerkenswert:

  • der Bereich hohe Frühfestigkeit definiert mit einem W/Z-Wert <0,50. Diese hohen Leistungsmerkmale bieten   sich für Festigungs-, schnelle Mauer- und Abdichtungsarbeiten an. Die hohen Festigkeiten bedeuten eine geringe Porosität. Mit diesen Eigenschaften, die die Anforderungen für konstruktive Belastungen erfüllen, reicht der Bereich hohe Frühfestigkeit an die Merkmale der künstlich hergestellten Portlandzemente heran.
  • der Bereich geringe Festigkeit bei einem W/Z-Wert >0,50 verzeichnet mechanische Eigenschaften und Mischungsverhältnisse in der gleichen Größenordnung wie die der Mörtel aus natürlichem hydraulischem Kalk. Auch die Merkmale hinsichtlich Wasseraufnahme und Porosität reichen näher an die Merkmale heran, die bei den Romanzement-Mörteln aus dem 19. Jahrhundert anzufinden sind.

Chemische Eigenschaften

Die chemische Zusammensetzung des Romanzements fügt sich in den Rahmen der großen Familie der natürlichen Zemente ein, die auch als Romanzemente bezeichnet werden.

Die in den Steinbrüchen unter Tage abgebaute geologische Schicht weist eine sehr konstante chemische Zusammensetzung (Tabelle 1) mit einem Carbonatanteil von 72 % (Gehalt an Calciumcarbonat und Magnesium in CaCO3 ausgedrückt) im Vergleich zu 78 % bei Portlandklinkern auf. In der Zusammensetzung ähnelt sie also sowohl dem klassischen Portlandklinker als auch den natürlichen hydraulischen Kalken. Im Vergleich mit Romanzementen aus früheren Zeiten weist sie im Grenzbereich einen geringen Tongehalt und einen relativ starken CaO-Gehalt auf.

Glühverlust 975 °C SiO2 Al2O3 Fe2O3 CaO MgO SO3 K2O Na2O
9.28% 18.09% 7.24% 3.2% 53.07% 3.84% 3.24% 1.16% 0.28%

Tabelle 1: Mineralische Eigenschaften

Die Originalität des Romanzements ergibt sich nicht aus einer besonderen chemischen Zusammensetzung, sondern vielmehr aus dem Niederbrennverfahren mit einem breiten Temperaturbereich von 600 °C–1200 °C (unterhalb der Sintergrenze) - der nur knapp über den Brenntemperaturen für hydraulische Kalke liegt - und aus dem natürlichen innigen Gemisch von Kalk- und Tonstein. Diese Mischung in mikrometrischem Maßstab ist für die Bildung neuer Minerale während des Brennvorgangs erforderlich, im Festzustand ist die Diffusion atomarer Teilchen gering.

Es kommt zur Bildung einer Vielzahl unterschiedlicher Minerale, die sich von denen der modernen künstlichen Portlandzemente merklich unterscheiden. Sie sind jedoch – wenn auch in unterschiedlichen Proportionen - identisch mit den in den hydraulischen Naturkalken gebildeten Mineralen (Tabelle 2):

  • Ein Gesteinsteil ist für eine Umwandlung nicht ausreichend erhitzt worden, es ist lediglich dehydriert. Dieser Stückkalk wird als Unterbrand bezeichnet.
  • Bei einem anderen Gesteinsteil sind bei der Umwandlung sowohl amorphe oder schlecht auskristallisierte Phasen entstanden, darunter eine Familie von Aluminaten (C4AF, C3A, C12A7, C4A3S und C2AS), die das Erstarren und schnelle Erhärten in den ersten Stunden der Hydratation bewirken, als auch Silikate in Form von Belit (C2S), die den Anstieg der Festigkeit über Monate zur Folge haben. Alit (C3S) ist nur in geringsten Mengen vorhanden; dieses Mineral entsteht erst bei einer Temperatur um 1200 °C. Der so gebrannte Stückkalk wird als Mittelbrand bezeichnet.
  • Es entsteht eine sehr partielle Schmelzung (Klinkerisierung) an örtlich begrenzten Zonen, die zur Bildung einer geringen Menge Alit führen. Die Tatsache, dass das eingesetzte Rohgestein dem Portlandklinker in der chemischen Zusammensetzung ähnelt, ermöglicht die Bildung dieses bekannten Calciumsilikats. Stark hydraulisch wirkend trägt es zu einer Erhöhung der Festigkeit nach wenigen Wochen bei. Bei diesem Stückkalk handelt es sich um Überbrand.

Dieser letzte Punkt ist von großer Bedeutung, denn lokale Materialverschmelzungen beim Brennverfahren im Schachtofen sind unvermeidlich. Die in dieser flüssigen Phase gebildeten Minerale dürfen während ihrer Hydratation den natürlichen Zement nicht verändern. Bei einem tonreicheren Rohmaterial z.B. werden in dieser flüssigen Phase mehr Aluminate gebildet, deren Hydratation ernsthafte Probleme im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit zur Folge haben könnten.

Aus der Mischung dieser mit unterschiedlicher Temperatur gebrannten Steine ergeben sich die Eigenschaften des traditionellen Romanzements.

C3S C2S C3A C4AF C12A7 C4A3S Periklase Freier Kalk Calzit Sulfate Weitere, darunter amorphe Phasen
5-15% 40-60% 6 ± 2% 9 ± 2% 3 ± 1% 3 ± 1% 4 ± 1% 2 ± 2% 10 - 15% 3 ± 1% 10 -15%

Tabelle 2: Typische chemische und mineralische Zusammensetzung des Romanzements